Filme, Serien & Theater

Gesehen: Die Tribute von Panem – The Hunger Games

Nachdem ich die drei Bände der „Tribute von Panem“ schon Anfang des Jahres trotz ihrer kleinen Schwächen unheimlich geliebt und regelrecht verschlungen habe, war meine Freude natürlich groß, dass es eine Verfilmung geben würde. Der Trailer hat mich nur bedingt überzeugt, aber wie das nunmal so ist: Trailer können sich natürlich auch irren. Leider war es in diesem Fall so, dass der Trailer tatsächlich im Nachhinein betrachtet epischer war als der ganze Film.

Meine Erwartungen wurden zwar, was die Darsteller anbelangt, positiv übertroffen, aber dennoch bin ich mit einem sehr unzufriedenen Gefühl aus dem Kino gegangen. Hier ein kurzes Review über einen Film, der hätte toll werden können, aber durch eine ganze Menge handwerklicher Schwachstellen nur mittelmäßig bis ärgerlich war.

Achtung, SPOILER!

Allgemein:
Literaturverfilmungen sind immer so eine Sache. Eigentlich hat man als Buchleser immer irgendwas zu meckern, aber gleichzeitig ist man begeistert, deine liebgewonnenen Figuren endlich „lebendig“ zu sehen. Die „Harry Potter“-Filme haben die Magie der Bücher wunderbar eingefangen, „Narnia“ war auch gelungen, und die „Herr der Ringe“-Trilogie hat die Buchvorlage sogar noch übertroffen. Es klappt also. Und wenn man sich schon nicht mit den Schauspielern, den Inhaltskürzungen oder der Umsetzung anfreunden kann – man kann bei keinem dieser Filme behaupten, dass er nicht handwerklich gut gemacht worden wäre.

„Panem“ dagegen…ich hatte beim Zuschauen das Gefühl, dass der Film einfach absichtlich schlechter gemacht worden ist, als er hätte sein können. Das Grundmaterial war vorhanden: Größtenteils wirklich gute, passende Schauspieler, wunderbare Kostüme und eine Bestseller-Buchvorlage mit einer Story, aus der man viel hätte machen können. Was daraus aber tatsächlich geworden ist, ist eher ein gehetzer „Wir springen so schnell wie möglich von Szene und Szene, wenden an den unmöglichsten Stellen den Zeitraffer und brutal-rasante Schnitte an und dürfen auf gar keinen Fall Leute beim Töten zeigen“-Streifen.  Ich sage dazu nur eins: Altersfreigabe ab 12. In einem Film, der Jugendliche dabei zeigt, die sie ums Überleben kämpfen und sich gegenseitig abschlachten. Dass da mehr oder weniger ungeschickt mit allen Mitteln kaschiert und teilweise auch offenbar geschnitten wird, ist irgendwie klar, aber verdammt störend.

Dass teilweise ganze wichtige Szenen ausgelassen, gekürzt und in falscher Reihenfolge gezeigt worden sind, davon will ich gar nicht reden. Damit hatte ich im Vorfeld schon gerechnet, immerhin ist es unmöglich, ein 400-seitiges Buch (das noch dazu aus der First-Person-Perspektive von Katniss erzählt wird) in knapp 200 Minuten Film zu quetschen, ohne Abstriche zu machen. Dennoch…sehr schade.

Was ich am Film mochte:

– Ich war anfangs skeptisch, aber die Schauspieler haben mir eigentlich alle (bis auf Lenny Kravitz als Cinna, der aber ja ohnehin nur zwei Sätze im ganzen Film von sich geben durfte) wirklich sehr gut gefallen. Jennifer Lawrence als Katniss zeigt gerade die richtige Coolness, ohne zu einer emotionslosen Puppe a´la Bella Swan zu werden. Woody Harrelson als Haymitch entspricht zwar nicht meiner Vorstellung von Haymitch, aber hat so einen grandiosen Job hingelegt, dass er mich komplett überzeugt hat.

Peeta. Oh Mann. Ich war skeptisch, aber spätestens bei dem Hundeblick, den er so an den Tag gelegt hat, konnte ich nicht mehr. ♥ Da war es auch gar nicht mehr so schlimm, dass sie seine Rolle extrem eindimensional angelegt haben.

– Die Kostüme der Kapitolsleute. Herrlich schräg und bunt, genauso, wie man sich das beim Lesen vorstellt. Und das Paraden-Outfit von Katniss und Peeta war auch extrem cool, auch wenn man (Danke, grenzdebiler Kameramann) darauf keinen wirklich langen und ausgiebigen Blick werfen konnte.

– Das klingt jetzt zwar doof, aber das Pfeifzeichen, das Katniss und Rue miteinander ausgemacht haben, hat mir irgendwie Gänsehaut verpasst. Ich fands schade, dass man das nicht in irgendeiner Form noch im Soundtrack eingebaut hat, so wie im Trailer.

– Es war interessant, mal einen Blick „hinter die Kulissen“ zu den Spielemachern zu werfen, und auch die computergenerierten Mutantenhunde erschienen mir plausibler als im Buch.

 

Was mir nicht gefallen hat:

– Rasante Kameraschnitte und Einsätze von wackeligen Handkameras, bei denen man partout nicht mehr sehen kann, was überhaupt vor sich geht, mögen ein Stilmittel sein – zeugen aber von verdammt, ich kann mich nur wiederholen, verdammt schlechtem Stil. Spätestens dann, wenn man als Zuschauer Kopfweh davon bekommt und seinem Kinobegleiter (ohne Buchkenntnisse) hinterher erstmal nacherzählen muss, was zur Hölle da eigentlich gerade passiert ist (obwohl man es selber nicht mitbekommen hat und nur anhand der Buchvorlage raten kann).

– Hängt mit dem oberen Punkt zusammen: Es hat mich wahnsinnig gestört, dass man nicht einmal seinen Blick auf irgendetwas fokussieren konnte, ohne dass es sofort wieder weg war. Capitol? Weg, bevor man es genauer betrachten konnte. Kostüme? Weg. Distrikt 12? Scheiß drauf, wir zeigen nur den Wald! Avoxe? Wir haben eh nicht vor, sie einzubringen, zeigen sie aber trotzdem ganz flink im Hintergrund, ätsch!

– Oben schon angedeutet: Wo, bitte schön, war die ganze Ambivalenz von Peeta hin? Ich meine, dieses ganze Verwirrspiel und das Dilemma mit der Show-Liebe entspringt doch auch daraus, dass sich Katniss fast bis zum Schluss nicht sicher sein kann, ob er wirklich auf ihrer Seite steht oder nicht. Dagegen von Spannungen zwischen den beiden, Zweifeln oder Misstrauen absolut keine Spur. Ich ahne Schlimmes.

– Wer war denn da bitte für die Dramaturgie des Films verantwortlich, das war ja das lascheste, was ich seit langem gesehen habe. Ernsthaft, ich saß die ganze Zeit da: „Okay, jetzt wirds spannend…jetzt würde super ein bisschen Musik passen…hallo, Musik?…oh, und da war der Moment auch schon vorbei und hat keinen Eindruck hinterlassen.“ Alleine die Ernte hätte zumindest ansatzweise berühren können, wenn man sich weniger darauf konzentriert hätte, wild mit der Kamera rumzuspringen und stattdessen mal ein bisschen Spannung (zum Beispiel durch Musik) aufgebaut hätte. Das ist ein Film, verdammt, keine Doku! Nein. Selbst in Dokus gibt es Musik, wenn der Killerwal die süße Robbe frisst.

– Ich war mir die ganze Zeit über nicht sicher, ob Peetas Stylistin Portia ein Mann in einem Kleid oder nur eine sehr, sehr stämmige Frau mit männlichem Gesicht ist. Aber das nur als kleiner Kuriositätenbonus.

 

Fazit:
Ich hätte mir mehr erhofft. Und es ärgert mich, weil man so vieles ganz einfach hätte ausbügeln können. Etwa, indem man weniger Action-Cam und mehr Handlung eingebaut hätte. Vieles bleibt, vorallem für Leute, die die Buchvorlage nicht kennen, im Dunkeln.  Beweggründe, Beziehungen…das alles hat mir gefehlt, denn es war das, was die Bücher ausgemacht hat. Und es wurde nichtmal mit spannender Action ausgeglichen. Ich hoffe wirklich, dass der zweite Teil diese Schwächen ausbügelt, aber es war schonmal ein sehr schwacher Start. Der Film wird trotzdem erfolgreich sein, weil die Bücher viele Fans haben, zumindest in den USA (bei uns war der Kinosaal fast leer, obwohl es der erste Tag zur Prime Time war).

 

Previous Post Next Post

3 Comments

  • Benny 23. März 2012 at 12:41

    hm… nun, aber es ist immerhin kein twilight revival geworden, ja?

    das mit dem töten ist böse… nich das es überhaupt viele szenen gegeben hätte, aber… passiert alles offscreen oder wie? Wie siehts mit den Bienen aus?
    ist wenigstens das survival-zeugs noch dabei °^°?

  • Noi 23. März 2012 at 12:47

    Teils-Teils. Hauptsächlich wird soviel Wischi-Waschi mit der Kamera gemacht, dass man gar nicht erst sieht, was passiert. Man sieht dann nur am Ende die Leichen rumliegen, aber hauptsächlich auch ohne Wunden. |D;; Und Rue, die ja eigentlich einen fetten Speer in den Bauch kriegt, geht wegen eines winzigen Pfeils zu Boden (was man auch nur am Rande ein bisschen sieht), den Katniss sofort offscreen rauszieht.

    Die Bienen kamen vor. Das war so ziemlich das Einzige, was ausgeschlachtet wurde. |D;;

    Und was das Survival-Zeug angeht…es wird einem suggeriert, dass Katniss sofort nach zehn Minuten Wasser findet und das alles eigentlich gar kein problem ist. Also eher nicht.

  • GongShi 23. März 2012 at 13:37

    Der Kinosaal war sehr spärlich besetzt. Dabei habe ich vor dem Film überraschend positiv ausfallende Kritiken gelesen – die dem FIlm überwiegend zu gut bewertet haben, finde ich. Jedenfalls hätte ich gerne gewusst, ob es im Vorfeld eine Kritik gab, die den FIlm als Mittelmaß gerechter gewürdigt hat. An dem Kritiker würde ich mich nämlich gerne häufiger orientieren, bevor ich 10 EUR pro Nase für einen Kinobesuch ausgebe.

    10 EUR! In wenigen Monaten bekommt man dafür sicher die DVD oder den Preis für zwei Karten die Bluray. Und genau das zu tun empfehle ich auch denen, die den Film sehen wollen. Denn weder nutzt er die große Leinwand gut aus, noch ist der Ton in irgend einer Weise so besonders, dass er nicht auch zuhause auch auf einem gewöhnlichen Fernseher angemessen widergegeben werden könnte.

    Aufnahmen aus den Bezirken waren größtenteils überbelichtet und nachträglich normalisiert mit der Folge, dass die Farben flau waren. Das sollte wohl einen Indy-Dokumentar-Stil simulieren, der mit Verwackelten Aufnahmen unterstrichen werden sollte. Und diesen Stil fand ich hochgradig nervend! Meine Augen waren danach so überreizt, dass ich sie stellenweise schließen musste.

    Glücklicherweise war das Bild dann im „Capitol“ nicht mehr verwackelt, die schnellen Schnitte – Noi sagte es ja – jedoch wieder ärgerlich. Nichts konnte man lange optisch genießen oder Bilder erkunden. Schlimmer noch, das Bild war leicht verschwommen (!); ob das nun an der Kinoprojektion lag, vermag ich nicht einzuschätzen. Jedenfalls würde ich das lieber als Bluray o.Ä. sehen.

    Das Capitol war dann wieder sehr enttäuschend steril gerendert. Die Stadtaufnahme wirkte, als sei sie eine Zwishensequenz aus einem Spiel.

    Vom low-cost Look der US 1930’er am Anfang abgesehen sowie der casual-Kleidung („Netto Supermarktbesucher Joggingsachen“) in der „Arena“ selbst… okay, sagen wir es gleich: Die Kostüme der „Capitol“ Bewohner waren fantastisch! Ebenso die Darstellung der Dekandenz in Speis und Trank.

    Bei der Ästhetik der Gebäude ausserhalb des Capitols musste man sofort daran denken, dass die Handlung in den US der A nach der Finanzkrise und Immobilienblase spielt. 😉 Unscheinbare 30’er Jahre Holzbauten (die heute einfach nur besser verkeldiet werden). Beim Capitol hat man den offensichtlichen Hang der Amis zur Antike verstärkt und mit Vorschlägen aus dem Dritten Reich für Groß Germanien gepaart und einen Hauch Warhammer eingestreut. Schön gemacht, aber das Gefühl wurde nicht zerstreut, alles irgendwo schonmal so gesehen zu haben.

  • Leave a Reply

    Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.