Privates & Alltag

Warum ich kein Lehrer werden will

Kinder haben so manchen Berufswunsch. Ich zum Beispiel wollte Ballett-Tänzerin, Hundezüchterin und Buchautorin werden, als ich noch klein war. Später, als ich dann begann, ein bisschen realistischer zu werden, habe ich ein paar Mal meine Mutter an ihrem Arbeitsplatz in der Schule besucht, sehr oft Nachhilfe gegeben und schließlich den Gedanken gefasst: „Hey, du solltest Lehrerin werden.“ Eigentlich war ich sogar ziemlich überzeugt davon, dass ich diesen Beruf ergreifen wollte. Bis…nunja. Bis ich langsam am Ende meines Studiums ankam und endlich mal angefangen habe, ernsthaft über meine Zukunft nachzudenken. Ich hatte bis dato mehrere Pädagogik- und Didaktikkurse belegt, mich über das deutsche Schulsystem informiert und es schließlich Anfang des Jahres auch mal im Zuge meines Praktikums  aus nächster Nähe erlebt.

Und ich habe mich daraufhin selber gefragt: „Noi, willst du wirklich den Rest deines Lebens diesen Job machen?“ …die Antwort war nein, und ich will das auch gerne erläutern, nachdem ich nun viele, viele Monate damit verbracht habe, diese Dinge in meinem Kopf zu wälzen.

Um ehrlich zu sein: Ich kann mit Kindern nichts anfangen. Zumindest nicht mit Kindern, die ein gewisses Alter noch nicht erreicht haben. Das geht sogar so weit, dass ich systematisch im Alltag einen Bogen um sie mache. Ich kann einfach absolut nichts Süßes an „Kindermund tut Wahrheit kund“ und der dazugehörigen Lautstärke und dem Rumgewusel finden. Es ist zwar nicht so, dass ich Kindern generell Böses wünsche oder nicht dagegen wäre, wenn man sie schlecht behandelt…aber ich will einfach nichts mit ihnen zu tun haben. Gut, Grundschullehrer wollte ich ja nun ohnehin schonmal gar nicht werden (abgesehen davon, dass das ein komplett anderer, eigenständiger Studiengang ist.).

Das Praktikum in der Sprachlernklasse im Winter war für mich dennoch eine Bereicherung meines Erfahrungsschatzes und ich bin sehr froh, mich dafür entschieden zu haben. Bewusst entschieden, um mir selbst die Möglichkeit zu geben, nochmal zu schauen, ob das nicht vielleicht doch etwas für mich wäre. Allerdings hat es mir auch gezeigt und mich in der Ansicht bestärkt, dass meine berufliche Zukunft nicht im Lehramt liegt. Nicht, weil mir die Aufgaben schwer gefallen wäre oder ich Probleme gehabt hätte – mir ist durch die Arbeit mit den Kindern bewusst geworden, dass man als Lehrer niemals in der Lage sein wird und sollte, Job und Privatleben zu trennen. Es ist insofern ein sehr schöner und bestimmt auch ausfüllender Beruf, weil man für die Zeit und Mühen, die man investiert, von den Schülern unmittelbar Dankbarkeit empfängt. Gerade in den Sprachlernklassen befinden sich viele Kinder, die zuhause vernachlässigt werden und für die die Schule der einzige Ort ist, an dem sie Ermutigung und Wertschätzung erfahren können. Das bedeutet für die Lehrkräfte zwar nicht, dass sie sich bewusst in die Rolle der Ersatzmutter oder des Ersatzvaters begeben, aber ein hoher Grad an persönlichem Engagement und Empathie sowohl unvermeidlich als auch notwendig ist. Das kann erfüllend sein, ist aber aus meiner Sicht aber auch hochgradig emotional anstrengend. Ich glaube, dessen sind sich viele Lehramtsstudenten nicht bewusst und brechen daher ihr Studium entweder ab oder satteln (wie ich) um. Ich könnte das jedenfalls niemals und will auch nicht am Ende eines Tages meine Arbeit gedanklich mit nach Hause nehmen.

Ein weiterer Grund, weshalb ich mich nicht im Lehrerberuf sehe, liegt im System Schule an sich. Mit den laufenden Änderungen im deutschen Schulsystem stehen die Lehrkräfte vor immer neuen und zusätzlichen Aufgaben, Pflichten und Anpassungsanforderungen. Wie ich aus vielen Gesprächen mit Lehrkräften an der Schule, an der ich mein Praktikum gemacht habe, erfahren habe, machen es Einschnitte wie Abitur nach zwölf Jahren, die Abschaffung einzelner Schulformen und die steigenden Leistungsanforderungen den Lehrern schwer, ihren Beruf für sich und andere zufriedenstellend auszuüben. Dies scheint ein Trend zu sein, der sich in den kommenden Jahren noch verstärken wird. Auch diese Erkenntnis lässt mich klar sagen: Oh Gott, ich will bitte nicht Teil dieses Affentheaters sein.

Es ist also nicht etwa eine Kurzschlussentscheidung gewesen, die mich meine Studienziele hat umwerfen lassen. Ich sage auch nicht „Ich bin halt nicht der Typ dafür!“, denn das wäre tatsächlich nur eine Halbwahrheit. Ich habe mir das sehr gut überlegt, und im Nachhinein gesehen ist es zwar der schwerere Weg, aber der, mit dem ich mich besser anfreunden kann.

Ich kann wirklich nur jedem meiner Freunde, die Lehrer werden wollen (was auch studienbedingt ziemlich viele sind. |D), alles Gute und verdammt viel Kraft wünschen. Lehramt mag früher ein bequemer Beruf mit vielen Vorteilen gewesen sein…heute und in Zukunft habt ihr vielleicht den undankbarsten Job von allen. Aber ihr packt das schon. ♥

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4 Comments

  • Ronald von M. 29. Juli 2011 at 17:42

    zu wahr, zu wahr, schule ist nicht mehr, was es mal war… schüler sind das auch schon lange nicht mehr. wenn ich mir überlege mit was für drecksäcken ich mich abgeben musste, da wird man ja wahnsinnig bei ‚D

    und das ist schon schade, mit kaputtem schulsystem kommen ja nur immer mehr zukünftige rtl-assis auf die straßen, die dann noch mehr rtl-assis produzieren von denen einige dann lehrer werden und blablabla ‚D

    wohin soll sich den dein weg eigentlich führen jetzt?

    • Noi 31. Juli 2011 at 21:01

      Ich dachte daran, mich in Richtung Verlagswesen/Buchredaktion zu orientieren.

  • Missi 30. Juli 2011 at 15:56

    Hachja, ich kann dich irgendwie voll verstehen… deswegen werd ich auch erstmal promovieren, wenns denn geht, und erst danach ins Ref *drop* und dann weiß ich hoffentlich, was ich will *winke*

    • Noi 31. Juli 2011 at 20:59

      Nehmen die dich dann überhaupt noch, wenn du so „überqualifiziert“ bist? |D Aber Verzögerungstaktik ist wahrscheinlich tatsächlich das beste Mittel zur Weisheit…seufz.

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