Privates & Alltag

Gute Nacht, kleiner Freund.

Gestern, einen Tag vor Heiligabend am Nachmittag wurde mein kleiner Hund Jamie von einem Auto totgefahren. Ich habe gerade minutenlang dagesessen und den Satz angestarrt, aber Sinn macht es trotzdem nicht.
Der Anruf erreichte mich, als ich gerade noch zuhause in meiner Wohnung war und ich bin sofort losgefahren, aber es war schon zu spät. Mein Bruder hat ihn in eine weiße Decke eingewickelt und ihn vom Tierarzt mitgebracht, sein Körper war noch ganz warm. Als ob er nur schläft. Ich weiß, ich werde das irgendwann bereuen, aber als mich Jan gefragt hat, ob ich ihn nochmal sehen will, habe ich nein gesagt. Ich hab nur das warme Bündel gestreichelt.
Begraben haben wir ihn im Garten, neben den Rosenbüschen vor meinem Gartenhäuschen. Meine Eltern waren zu erledigt, ich habe die Grube fast völlig alleine ausgehoben. Wunderlicherweise war der Boden an der Stelle nicht gefroren, es ging ganz leicht. Ich bin wirklich froh, dass es schneit, so hat Jamie eine schöne, weiße Schneedecke bekommen.

Um ehrlich zu sein habe ich keine Ahnung, was jetzt sein soll. Wir laufen hier im Haus seit gestern wie Geister herum, können uns nicht angucken und bei jeder kleinen Gelegenheit fängt einer an zu weinen. Meinen Vater hat es wohl am schlimmsten getroffen, er war dabei, als es passiert ist. Er ist gestern körperlich zusammengebrochen und ich bin heute Morgen davon aufgewacht, wie er im Flur gestanden und geweint hat. Überhaupt kann man hier im Haus keinen Schritt machen, ohne erinnert zu werden…es ist alles voll von Jamie. Der Kleine ist der Lebensmittelpunkt meiner Eltern gewesen, umso mehr, als ich letztes Jahr ausgezogen bin. Er war die Konstante, sie haben so viel verloren und um so viel kämpfen müssen und er hat sie immer wieder aufgerichtet. Einfach nur, weil er da war und sie auch so lieb gehabt hat. Schon komisch.

Und ich… wenn ich einmal traurig war, habe ich mir immer Jamie vor Augen gerufen. Das ist kein sentimentaler Witz. Ich habe mir ein Plüschtier genommen und an Jamie gedacht, denn Jamie war immer warm, und es hat ihn nicht gekümmert, WAS gerade los war. Er war da und hat Trost gespendet, selbst wenn ich nicht direkt bei ihm war. Und dieses kleine Licht ist plötzlich weg…einfach weg und ich fühle mich schrecklich allein. Die graue Welt ist noch grauer geworden und ich weiß wirklich nicht, woran ich ab jetzt festhalten soll.

Klar, werden jetzt einige denken, das ist ganz schön traurig, aber irgendwie muss man doch drüber hinweg kommen. Weiß ich doch. Aber sowas will ich gerade absolut nicht hören, weil das so endgültig klingt. Jamie ist wahrscheinlich das einzige Wesen auf der Welt, an das ich keine einzige bittere Erinnerung hege. Keine einzige. Aber all die schönen Erinnerungen werden dadurch bitter gemacht, dass es keine weiteren geben wird. Deswegen kann ich an gar nichts denken, weder an schönes vergangenes, noch an schlimmes gegenwärtiges. Beides bringt mich so sehr zum Weinen. Das ist einfach so unfair.

Ich muss stark bleiben für meine Eltern. Irgendwie bin ich doch froh, dass ich nicht mehr in diesem Haus lebe, so grausam das auch klingt…ich glaube, ich würde die ganze Zeit so rumrennen, wie ich es jetzt tue, und mir jedesmal für einen Moment einbilden, dass gleich was schwarzes, felliges um die Ecke getapst kommt. Sowas macht kaputt. Und ich fühl mich jetzt schon ganz kaputt, ich mag mir nicht vorstellen, wie es in meinen Eltern aussieht. Weihnachten gibt es jedenfalls dieses Jahr nicht.

Feiert schön mit euren Lieben und passt gut auf sie auf. Merry Christmas.

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1 Comment

  • Reiki 25. März 2010 at 14:19

    Ach, das tut mir so leid, Anna! Auch, wenn jetzt schon ein bisschen zeit vergangen ist, wünsche ich dir bzw. euch viel Kraft!!

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